Europa vs Amerika | Die 20 größten Unterschiede

Samstag, 12.09.2015

Ich vermute der Beitrag von heute wird der meistgelesenste meines Blogs. Im Folgenden werd ich mich nämlich auf die wesentlichen Unterschiede zwischen Amerika und Europa konzentrieren.
Und das nicht nur einfach als Liste, sondern als kleinen Wettkampf zwischen den Kontinenten.
Ich werde zu jedem Unterschied meine Meinung zum Besten geben und anschliessend entweder Amerika oder Europa einen Punkt geben.

vs             

Bei Unterschieden die ich für besonders wichtig halte, behalte ich es mir vor den Punkt mehrfach zu gewichten. Der endgültige Punktestand befindet sich am Ende des Beitrags.

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Freilich geht alles hier aus meiner bisherigen Lebenserfahrung hervor, also nicht wundern, wenn ich bei manchen Sachen knallhart Deutschland Pennsylvania gegenüberstelle und trotzdem von Europa gegen Amerika rede.

 

1.) Die Trucks

Die Suchen nach einem normal geformten LKW ohne Schnauze ist hier genauso mühselig, wie die Suche nach einem amerikanischen Truck in Deutschland. Es gibt sie einfach nicht... eigentlich kein Wunder, das ist genau wie mit Steckdosen. Hier ist halt alles auf Trucks ausgelegt, zum Glück. Ich finde nämlich, die Eleganz eines Amitrucks wird nur von einem Verkehrsteilnehmer noch übertroffen: Den Bussen mit Schnauze. Ein Foto von so einem findet sich in meinen letzten beiden Beiträgen, so begeistert war ich. Enjoy! Allerdings gibt es auch zahlreiche Busse ohne Schnauze, hier setzt sich das europäische Design anscheinend leider doch langsam durch. 1 Punkt für Amerika

2.) Das Brot

Ich weiß noch als wäre es gestern gewesen, als ich das erste Mal in einer großen amerikanischen Supermarktkette in der Gebäckabteilung stand und mir dachte: "Okay Oskar, halt die Augen offen, es kann ja nicht nur Toastbrot geben." Tatsächlich hat sich das Suchen auch gelohnt, wenn man nämmlich gründlich hinter alle Berge aus Weißbrot schaut findet man tatsächlich... Pumpernickel. Ihr wisst schon, dieses schwarze bayrische harte Roggenbrot, auf das man am besten Frischkäse oder Obazda schmiert. Unglaublich, dass die sowas haben, oder? Wehe wenn das jetzt ein Marketing gag ist, hab ich mir noch gedacht. Dann hab ich es angefasst, tja. Braun gefärbtes Toastbrot würde dem noch schmeicheln, es war eher braun gefärbter Spüllappen. Meine schlimmsten Befürchtungen wurden übertroffen, es gibt hier nichts, was den Namen "Brot" verdient hätte. Das beste Brot hier schmeckt immer noch nicht so gut, wie das schlechteste was du in einer deutschen Bäckerei kaufen kannst. 1 Punkt für Europa

3.) Die Duschen

Ich muss aufpassen, dass ich diesen Punkt nicht emotional einfach an Amerika vergeb. Meine erste Dusche hier war nämlich soo eine Wohltat. Nach einem übertrieben heißen Reisetag, es hatte draussen 91°F (also 33°C, hierfür kriegt Amerika gleich noch seine Quittung) konnte ich mich abends endlich bei meinem New Yorker Vermieter in der Dusche abkühlen. Damals wusste ich noch nicht, dass ich unter einer typisch amerikanischen Dusche steh, heute bin ich da schlauer. Anders als in Europa, wo man in der Regel zwei Wasserhähne hat oder einen den man in vier Richtungen bewegen kann, hat man hier so eine Art metallischen Joystick, der in jeder Position eine ander Kombination aus Wärme und Volumenstrom liefert. Total unübersichtlich, aber das ist noch nichtmal der größte Fail. Der Duschkopf ist hier nämlich fest in der Wand verankert, es gibt also nur eine einzige Position, nämlich schräg von oben.
Ihr könnt euch bestimmt vorstellen wie sich das anfühlt, wenn man bei diesem bescheuerten Joystick aus Versehen auf ganz viel und heiss kommt, und dann unausweichlich die Brühe über den Kopf geschüttet bekommt. So was whackes! 1 Punkt für Europa

4.) Die Temperaturskala

Wie im letzten Punkt schon angekündigt, werd ich nun die Temperaturskala bewerten. Aber wie kann man eigentlich zwei Sachen vergleichen, die genau das gleiche aussagen? Ganz einfach, in dem man sich anschaut wie praxisnah die beiden Systeme sind, sofern es da ein Unterschied gibt. Ein Vergleich zwischen den amerikanischen Miles und den europäischen Kilometern würde zum Beispiel wenig Sinn machen (Der Punkt würde allerdings an Europa gehen, da im Wort Kilometer schon die Anzahl der Untereinheiten steckt, aber das ist natürlich kein gewichtiger Vorteil). Bei den europäischen Grad Celsius und den amerikanischen Grad Fahrenheit gibt es jedoch einen klaren Sieger.

Den jeder mündige Leser auch selber erkennen wird: Wie wir alle wissen, friert Wasser auf Meereshöhe bei 0°C und siedet bei 100°C. Aber wie kam der holländische Themometerbauer Daniel Fahrenheit es eigentlich zu den markanten Punkten 0°F und 100°F? Ich zitiere die Seite http://www.celsius-fahrenheit.de/

" An einem Wintertag, als er vor die Tür trat, war es schrecklich kalt, und er sagte: "So, kälter wird's nimmer, das ist heute der kühlste Tag, den es je gab", und sagte, das sind jetzt 0 ° Fahrenheit (es waren -17,8 ° Celsius). Auf der anderen Seite nahm er dann seine Körpertemperatur und sagte, so, das sind jetzt 100 ° Fahrenheit. Die Legende sagt, er muss leicht angeschlagen gewesen sein, denn 100 ° sind in Celsius 37,8 °

Hahaha

Fest steht auf jeden Fall, im Alltag sagen diese Punkte garnichts aus, außer man will sein Fieber messen. Ich vermute, irgendwann werden auch hier die Grad Celsius eingeführt. Damit tun sie sich auf jeden Fall bei Wetterberichten einen Gefallen, und niemand muss mehr drüber nachdenken ob es bei 20°F nun glatte Straßen hat oder nicht.

So erklären sich übrigens auch die berühmten 129 Grad (54°C) aus dem Intro von einem meiner Lieblingssongs... früher dachte ich echt es gibt irgendwelche Wüsten wo es manchmal über 100° Celsius hat. Ob das wohl irgendwer von euch noch kennt? Eins der legendärsten Musikvideos aller Zeiten auf jeden Fall. Anyways... 1 Punkt für Europa

5.) Die Öffnungszeiten

Man findet hier in jeder Stadt mindestens einen Supermarkt, der 24h offen hat, das nenn ich Luxus. Natürlich ist der Preis, dass es viel mehr Leute gibt die in der Nachtschicht arbeiten müssen...aber scheinbar lohnt sich das auch. Klare Sache: 1 Punkt für Amerika

6.) Die Handyverträge

Sehr zu meiner Freude gibt es in Amerika eine ganze Bandbreite an monatlichen Prepaid Handyverträgen, so mag ich das! Dass ich festen Verträgen mit Mobilfunkfirmen grundsätzlich misstraue ist kein Geheimnis (siehe unten). Schade ist nur, dass die Angebote bereits bei einem durchaus hohen Level beginnen ($30), hier scheint es keinen Kundenkreis für die Nutzer kleiner Datenpakete zu geben. An wen der Punkt hier geht, kann ich erst sagen wenn ich den aktuellen Markt in Deutschland gecheckt hab, vorerst ein Unentschieden.

Ich persönlich hab mittlerweile den Verdacht, dass Mobilfunkfirmen die größten Haifische auf dem freien Markt sind, ungefähr auf einer Stufe mit Sklavenhändlern und Zuhältern. Wobei nichtmal die ihre Kunden so krass abziehen wie zum Beispiel mein Handyanbieter. Ne mal Spaß beiseite, ich bin zwar nach wie vor unter Vertrag, aber das wird sich wohl nach einigen unschönen Vorfällen in letzter Zeit nach meinem Amerika Aufenthalt ändern, ich bin richtig sauer und fühle mich hart über den Tisch gezogen. Es gibt nicht viele Branchen in denen kundenunfreundliches Verhalten so toleriert wird wie hier. Ich frag mich außerdem wie sich diese hohen Tarife überhaupt halten können. Es muss echt ein riesen Geschäft sein...

Wenn man mal alleine mit meiner Studentenstadt Freising rechnet... angenommen 10% aller Freisinger Bewohner sind bei einer der großen Mobilfunkkonzerne unter Vertrag, dann sind das ja bei 40.000 Einwohnern schon alleine 4000 Kunden. Ich vermute mal im Schnitt gibt jeder von denen 35€ im Monat für seinen Flatrate Handyvertrag aus, könnte sein dass dieser Wert durch Zweithandys sogar noch höher ist.  Das würde ja alleine in Freising für ein Einkommen von 140.000€ pro Monat sorgen. Und es kann mir keiner erzählen, es kostet über 100.000 € monatlich das Mobilfunk und Datennetz für eine Kleinstadt aufrecht zu erhalten.

7.) Die Eichhörnchen (Squirrels)

Büäh, was ne Ratte! Foto aus dem Central Park

Allerdings ist es draußen in State College nicht ungewöhnlich im Alltag & Straßenverkehr hier Tieren zu begegnen, für die man sich in Europa auf die Lauer legen muss. Was bei uns so selbstverständlich ist wie Eichhörnchen gilt hier auch für Biber, Bisam-Ratten, Otter und Springmäuse.

Wenn man nur nach den Eichhörnchen geht würde der Punkt nach Europa gehen, so werte ich tierübergreifend ein Unentschieden.

8.) Die Fußgängerampeln

Ich find es echt amüsant, dass einer der meiner Erfinderträume meiner Kindheit in den USA in die Realität umgesetzt wurde... und zwar so wie es mir scheint im ganzen Land. Das Foto ist hier aus New York (und wurde anscheinend mal mit nem Stein beworfen oder angeschossen), aber in State College regiert das selbe System

Die Ampeln hier leuchten erst grün und zeigen dann einen von 10 herunterzählenden Countdown, bevor sie rot werden. In dem selben Moment schalten die quer laufenden Autoampeln auf grün. Zeitsparend, transparent, effektiv. Top. Nervig ist nur, dass man hier wirklich jede Ampel per Knopfdruck aktivieren muss. Aber dennoch: Ein Punkt für Amerika.

9.) Die Gärten

An wen wohl dieser Punkt geht? Fest steht auf jeden Fall, wir müssen uns mit unseren Gärten wirklich nicht verstecken. Ein kleiner Rundgang durch eine beliebige deutsche Kleinstadt zeigt: Überall vielfältige Blumen, besondere Baumarten und vorallem, Beerenstauden und Gemüsebeete.

Kann Pennsylvania (stellvertretend für Amerika) das noch übertrumpfen? Die Antwort ist, Pennsylvania kann nichtmal die Wüste von Gobi übertrumpfen, was botanische Vielfalt angeht. Ich hab noch nie sowas langweiliges und einheitliches gesehen wie die Gärten in den Suburbs von State College. Was ist denn los mit den Leuten, will hier niemand vor seinem Nachbar angeben? Selbst in den standardisierten Briefkästen, die wenigstens manchmal in Farbe und Aufdruck varriieren, herrscht mehr Vielfalt als in den Bäumen hier.
Gebt euch das mal: Der häufigste Gartenbaum ist hier der rote Zierapfel. ZIER-APFEL
Ich krieg jedes mal die Krise wenn ich so eine Verschwendung an Reichhaltigkeit sehe. Wie wärs, wenn jeder mal seine Zierapfelbäume ausreißt und stattdessen mal einen richtigen Obstbaum pflanzt? Meine Gartenbaufreunde aus Freising (an dieser Stelle liebe Grüße) würden bei einem Praktikum hier wahrscheinlich nach einer Woche enttäuscht zurückreisen. Ein Punkt für Europa

PS: Gestern hab ich mal eins der seltenen Gemüsebeete hier entdeckt, die fallen dafür ziemlich ins Auge. Sehen immer so aus:

10.) Hilfsbereitschaft

Es ist noch nicht lange her, da hab ich zufällig einen Bericht über die Weltreise einer meiner Lieblingsautoren für Sachbücher gelesen. Sein Fazit: Es gibt kein Land, dass eine so steife, rücksichtslose und unfreundliche Mentalität hat wie die Deutschen. Amerika, sein erstes Reiseziel, wurde dabei als Kontrast besonders hervorgehoben.

Aber stimmt das wirklich? Natürlich bin ich als Deutscher, der die deutsche Mentalität gewohnt ist, nicht ganz objektiv. Ich weiß, dass man auch in einer deutschen Großstadt Hilfe bekommt, weil ich weiß, wie man hier nach Hilfe fragt. Jemand der zum Beispiel München als Ausländer besucht, weiß das vielleicht nicht, und hält deswegen alle Deutschen für stoffelig, weil keiner angelaufen kommt und einem seine Hilfe anbietet, wenn man mal mit einem ratlosen Gesichtsausdruck einen Stadtplan mustert. (Das hab ich bisher tatsächlich nur in London und New York erlebt)

Allerdings bin ich gerade jemand, der ständig Hilfe braucht. Man muss nur mal kurz einen Blick hier über diesen Post werfen, dann kriegt man einen Eindruck davon, auf was man sich hier alles einstellen muss. Ne Menge. Und deshalb kann ich aus einer ziemlich großen Stichprobe heraus klarstellen (passend zur Kernaussage in himmelblau):

Die Leute in Amerika reagieren hier auf Hilfe suchende Leute genauso wie in Deutschland, nämlich größtenteils offen und freundlich, mit wenigen Ausnahmen.

Dennnoch gibt es hier einige wenige Leute, die den Unterschied ausmachen. Von hundert Leuten die man fragt sind es höchstens fünf, aber die haben es dafür in sich. Ich hab sie innerlich Hebammerikaner getauft, was eigentlich ziemlich gemein ist. Meine erste Hebammerikanerin traf ich direkt nach dem Flug in der Ubahn von New York, kleingedruckt die ganze Story.

Ich saß gerade orientierungslos und vorallem internetlos in einer der New Yorker Tubes, und machte mir einen Plan wie ich möglichst schnell meinen Vermieter finde. Neben mir saß eine leicht übergewichtige karibisch aussehende Frau, genau die richtige Person um ein paar Worte zu wechseln, dachte ich mir. Es sollte eine der schwersten Dialoge meines Lebens werden.

Nachdem ich erstmal bruchstückhaft erklärt hab wo ich hinwill, übernahm sie sofort das Zepter. In einem nie erschöpfenden Redeschwall prasselte sie mit einer umständlichen Wegbeschreibung auf mich ein, von der ich mir kein Wort merken konnte, außer die Station wo ich aussteigen soll (und selbst die stellte sich als falsch heraus) Endlich bei der Station angekommen, bedankte ich mich und wollte gerade mein Gepäck schnappen und rausgehen. Aber die Dame war noch lange nicht mit mir fertig. Obwohl sie völlig woanders hin musste, stieg sie an der selben Station aus, um sicherzugehen, dass ich in die richtige Linie umsteig. Oh man, ich hab mich echt wie ein Säugling gefühlt. Als sie merkte, dass wir völlig falsch sind, ging sie kurzerhand durch die Sicherungsschleuse zum Informationsschalter um in meinem Namen nach dem Weg zu fragen. So fremndgeschämt hab ich mich noch nie. Zumal durch diese Aktion ein neues Problem entstanden ist, nämlich dass wir jetzt außerhalb des Ubahnreviers waren und beim wieder eintreten nochmal hätten zahlen müssen. Sehr zu meiner Erleichterung nahm mir die Hebamme aber konsequenterweise auch den Fahrpreis mit ihrer Streifenkarte ab. "Okay, danke nochmal, aber ich muss mich jetzt echt beeilen, machs gut" Glücklicherweise drehte sie dann endlich ab, und ich konnte meine Reise fortsetzen.

Ich persönlich werde nicht gerne bevormundet, und ich hab sowas in meinen 20 Lebensjahren in Deutschland auch noch nie erlebt. Tatsächlich schafft es Amerika, diesen Punkt noch zu verlieren. Ein Punkt für Europa.

11.) Die Schlüssel

Hä wie, die Amerikaner haben andere Schlüssel? Wie kann man sich das denn vorstellen, Oskar? Nein nicht ganz, ich mein damit nicht die konventionellen Schlüssel, die sind nämlich hier genauso gut oder schlecht wie in Europa auch. Ich mein damit eher das System, dass hier zum abschliessen der Häuser verwendet wird, und dass dazu führt, dass ich zum ersten Mal in meinem Leben keine Schlüssel mit mir herumtrage. Nicht einen einzigen!

Alles was ich zum Eintreten ins Haus meiner Vermieterin brauche, ist ein vierstelliger Zahlencode. Ist das nicht genial? Den kann man nicht verlieren, und selbst wenn man ihn des Nachts mal vergessen hat, kann einem der Mitbewohner entspannt per SMS die Tür "aufmachen", in dem er dir den richtigen Code schickt.

ABER was wenn man mal den Nachbarn beauftragt in den Ferien die Blumen zu giessen? Dann gibt man ihm den Code und er kann immer reinspazieren? Wie unangenehm! Nein, auch daran wurde gedacht. Neben, oder besser gesagt, in dem Zahlenschloss gibt es nämlich auch noch ein normales Schloss, mit einem ganz normalen Schlüssel, den man auch mal verleihen kann.

Ein fetten Punkt für Amerika.

12.) Die Sommermode

 

 

 

 

 

 

Die Fotos sind natürlich nicht von mir und das erste nichtmal aus Amerika, aber ihr wisst was ich mein. Ein Punkt für Amerika

13.) Die öffentlichen Verkehrsmittel

In einem Land, in dem der Fernbus von Los Angeles nach Las Vegas (immerhin 440 km) für Frühbucher nur 14€ kostet, werden öffentliche Verkehrsmittel bestimmt groß geschrieben. Ob es sich da lohnt, überhaupt ein Fahrrad zu kaufen? Eher nicht, dachte ich...

... bis ich in State College ankam. Schon in New York war mir aufgefallen, dass die Ubahn dort im Vergleich zu München oder Wien ziemlich teuer war. Man zahlte dort pro Fahrt satte $2,75, und es gab keine Tageskarte oder ähnliches. Aber damals dachte ich noch, ist halt ne Weltmetropole. Wird in State College schon anders sein. Weit gefehlt, eine Monatskarte für den Stadtbus kostet hier $70, also beim aktuellen Kurs ca. 63€. Was geht denn da bitte ab, wer kann sich denn sowas leisten? Ich auf jeden Fall nicht, mein Fahrrad steht schon in der Garage. Nur diesen Monat hab ich zum warm werden mal eine Ausnahme gemacht, und wurde zum zweiten Mal an einem Tag für ein Pass fotografiert (Links mein Penn State Studentenausweis)

Bei den Preisen ist es kein Wunder, dass hier jeder mit dem Auto herumfährt, und die Umgehungsstraßen hier ausgebaut sind wie Autobahnen bei uns. Selten so ein umweltschädliches System gesehen, hier sollte der Staat mal strukturell eingreifen. 1 Punkt für Europa

14.) Das College

I heard a lot that you spread so much knowledge /
but which kind of city call themself State College?

[Freestyle von nicepeter, dem Erfinder der Epic Rap Battles of History]

Kommen wir zu dem größten Unterschied, der mir bisher zwischen Amerika und Europa aufgefallen ist, und einer der wenigen Punkte die ich hier doppelt gewichten möchte. Fragt man irgend einen Europäer, was ein College ist... "ja halt so ne typische amerikanische Universität". Das dachte ich auch als ich hier her kam. Und das ist auch nicht verkehrt, nur umfasst es nicht mal annähernd alles, was hier unter College verstanden wird.

College ist hier die Stadt in der Stadt. Der Campus in State College ist eine Stadt. Und State College außenrum ist auch eine Stadt. Aber die Stadt in der Stadt ist städtischer als die Stadt um das College. Versteht ihr? Natürlich hat das eine ganze Latte an Folgen, ich trau mich aber im Moment noch nicht die zu bewerten.

Was mir momentan gut gefällt ist, dass es hier quasi alles mit dem Logo der Penn State University zu kaufen gibt, von der Kaffeetase bis zum Wintersocken. Auch mein Koffer kriegt bald einen dieser Penn State Löwen aufgetaggt, und zwar dauerhaft. Very nice. Man merkt, dass die Leute sich hier sehr mit ihrem College identifizieren, bei Konzerten schämen sie sich zum Beispiel nicht die ganze Zeit Sprechchöre wie "We are Penn State" zu skandieren. Das wiederrum geht meiner Ansicht nach etwas zu weit und errinnert mich eher an Fußball Hooligans als an Studenten.

Also vorerst ein Unentschieden, ich werd das noch editieren.

15.) Die Amischlitten

Wie amerikanische Autos aussehen, weiß in Europa so ziemlich jeder. Und das Klichee trifft voll ins Schwarze, ich hab in meiner Zeit in State College mehr Ford Mustang und mehr Chevrolets an mir vorbeifahren sehen als in meinem kompletten bisherigen Leben in Europa. Und das, obwohl es eine Studentenstadt voller "armer Studenten" ist. Allerdings sollte man einen Butterstollen nicht nach seinen Rosinen bewerten.

Wenn man hier an einer Kreuzung steht und die vorbeifahrenden Autos beobachtet (das hab ich  mehr als einmal gemacht) kommt einem kein Zweifel auf dass man sich hier auf einem anderen Kontinent befindet. Allerdings könnte man zeitweise denken man steht in Japan herum und nicht in Amerika. Das Standard Auto für die Mittel- und Unterschicht hier ist ein Toyota Crystal, oder ein Hyndai. Wer es sich leisten kann, legt sich dann irgendwann als "Zweitwagen" ein etwas dickeres Auto zu. Das kann man hier sehr gut an den Doppelgaragen der Bewohner meiner Vorstadt beobachten, hier mal ein Beispiel:

Ihr könnt euch nicht vorstellen wie groß der ist? Keine Sorge, ich hab noch ein Bild gemacht mit einem Wohnwagen im Größenvergleich:

War nur Spaß, glaub der Wohnwagen ist auch für amerikansiche Verhältnisse etwas oversized. Aber tatsächlich fallen die Autos hier zu 90% in die genannten zwei Kategorien "Toyota" oder "Monster". Die dritte Kategorie "Luxuswagen" umfasst neben den ganz oben genannten Stereotypen auch Mercedes und BMW Limousinen, die hier als besonders hochwertig eingestuft werden.

Mir gefallen vorallem diese riesigen rauchausstoßenden Geländewagen nicht, im Schnitt werden in Europa vernünftigere und elegantere Autos gefahren. Obwohl der Punkt an Europa geht muss ich aber nochmal klarstellen, dass es hier auch echte Perlen gibt, und nicht alles scheiße ist was hier herumfährt. 1 Punkt für Europa

16.) Die Abrechnung

Langweiliger Aspekt, also mach ichs kurz: Es bestehen nicht so große Unterschiede wie man mir prophezeit hat. In Amerika wird nur anstatt einer EC Karte immer eine Kreditkarte gezogen, mir ist das allerdings völlig wurscht welche ich benutze. Dass man hier mit Karte viel weiter kommt, als in Europa, kann ich nicht unterschrieben. Interessant ist aber, dass man hier in den riesigen Supermärkten ein "self check out" mit Karte ohne Personal machen kann, man muss sein ganzes Zeug also selber einscannen. Das ist ziemlich praktisch wenn man es (so wie ich meistens) eilig hat. Auch cool ist die seperate Speed Kasse, für Leute mit unter 20 Waren.Reicht knapp für 1 Punkt für Amerika.

17.) Die Gespräche

Ich: *komm zum Infostand eines großen Elektroladens*
Verkäufer: Hey what's up? How are you doing?
Ich: *etwas perplex* Hm, normal. Just a little bit tired
Verkäufer: Ah cool, do you need some help?
Ich: How are you doing? ... ... äh yes, I need some help

Ooooh man, ob ich mich damals je gewöhne? Es scheint hier absoluter Standard zu sein, einfach jeden nach seiner Befindlichkeit zu fragen. Das kennt man in Deutschland eigentlich nur von Freunden, hier dagegen interessiert sich anscheinend jeder für jeden, egal in was für einem Verhältnis man zueinander steht. Auffällig ist allerdings, dass es scheiß egal ist, was man auf die Frage "How are you doing?" antwortet... der andere sagt eh "okay" oder "cool" und macht dann weiter als wär nichts.

Der Dialog oben ist 100% typisch für Leute, mit denen man aus geschäftlichen Gründen redet. Auf privater Ebene fällt aber auch auf, dass die Leute hier grundsätzlich keinen Stock im Arsch haben. Sobald man eine Weile miteinander redet, verschwimmen die kulturellen Unterschiede und alles ist wie in Deutschland auch... naja fast alles.
Was auffällt, ist dass man hier abartig viele Fragen gestellt bekommt. Und ich hab da schon mit einberechnet, dass es ja auch verdammt viele Fragen an mich gibt. Klar hab ich hier etwas Exotenstatus, und man kann sich mit mir kaum über das Klima der letzten Jahre unterhalten. Aber selbst wenn man das alles rausrechnet... ich komm mir hier immer wieder vor wie im Kreuzverhör. Es ist schön, Sachen zu erzählen, weniger schön ist es aber wenn man darauf null Feedback bekommt, sondern immer gleich die nächste Frage. Das ist langweilig und anstrengend, ich will doch auch meinen Gesprächspartner kennen lernen. Es gibt natürlich solche und solche Persönlichkeiten, aber die Tendenz zum Vielfragen lässt sich hier nicht unter den Tisch kehren.

Im Großen und Ganzen kann ich mich aber nicht an eine einzige Person erinnern, die keine Lust auf ein Gespräch hatte und desinteressiert reagiert hätte. Und das, obwohl es nicht so leicht ist mit mir zu kommunizieren, und ich oft wegen Verständnisproblemen nachfragen muss oder mich wiederholen muss. Starke Quote, spricht für die Offenheit der Leute hier. Und Offenheit ist meiner Ansicht nach etwas gutes, das soll mit zwei Punkten honoriert werden.
Ach, da fällt mir ein, diese Kreuzverhör Sache. Sagen wir: 1 Punkt für Amerika

18.) Fast Food

Hier muss ich glaub ich wirklich niemandem erklären, wer hier warum den Punkt aufs Konto kriegt. Ich sags mal mit einer Grafik:

Und es gibt sie wirklich alle! Niemand kann den Amis etwas in Sachen Fast Food vormachen. Ich werd auf jeden Fall in einem späteren Blog Beitrag mal meine Favourites küren, bisher hab ich eine klare Nummer eins. 1 Punkt für Amerika

19.) Alkohol

Man glaubt es kaum, wenn man sich mein Titelbild so anschaut, aber ich bin tatsächlich seit dem ersten September 2015 alkoholfrei unterwegs. Direkt nach meiner Ankunft hatte ich mal kurz Lippenkontakt mit amerikanischem Bier, als mein Vermieter mir freundlicherweise ein 0,33l American Beer einschenkte. Allerdings war das nach circa zwei Zügen weg... kein Wunder, war ja auch nen 0,33er. Lecker war es trotzdem. Ich bin mir aber ziemlich sicher, dass die Amis es nicht mit unserer Vielfalt aufnehmen können. Herausfinden werde ich es allerdings frühestens ab dem 16. Dezember 2015.

Warum? Weil ich dann endlich 21 werde. Und hier gibt es eine Altersbeschränkung für den Kauf von alkoholischen Getränken, unter 21 darf man hier garnichts holen. Weder in Restaurants noch in Supermärkten. Von Clubs und Bars ganz zu schweigen, da wird man nichtmal reingelassen.
Ich mein, in Deutschland kommt man mit 16 in jede Dorfdisko, hier muss man allen Ernstes noch fünf weitere Jahre warten. Als mein asiatischer Kumpel Er Fun Den zum ersten Mal von dieser Restriktion hörte, reagierte er folgendermaßen (Bitte in neuem Tab Öffnen):

https://www.youtube.com/watch?v=YaG5SAw1n0c

Ich kann ihm da ganz gut zustimmen. Also der Teil von mir der gerne Alkohol trinkt und sein Leben geniessen will, findet das richtig Scheiße. Der Teil von mir der die Welt zu einem besseren Ort machen will dagegen, findet die Beschränkung sogar richtig richtig Scheiße. Ich mein, was wird denn damit erreicht? Dass die Jugendlichen sich, statt sich in der Disko gepflegt zu betrinken sich in der Garage ihren eigenen Schnaps brennen und dann an einer Methanolvergiftung sterben. 1 Punkt für Europa

20.) Reisen innerhalb des Kontinents

Einer der größten Leistungen der EU ist in meinen Augen der freie Personenverkehr. Es muss eine Riesen Umstellung gewesen sein, als endlich die Zollstellen an den Grenzen abgerissen wurden... wenn ich mir vorstelle, dass es früher an jeder innereuropäischen Grenze so zuging wie an der zwischen Schweiz und Österreich, kann ich das gar nicht hoch genug schätzen.

Die vereinigten Staaten von Amerika toppen diese Freiheit jedoch noch einmal. Kein Wunder, hier handelt es sich ja auch um einen großen Staat und nicht um einen Haufen Staaten. Und nirgendwo bekommt man diese Freiheit mehr zu spüren, als beim Thema Reisen. Dadurch, dass es amerikaweit nur einige wenige große Transportkonzerne gibt, sind die Preise für Leute wie mich unfassbar billig. Alle die es bis jetzt geschafft haben sich meine Themen durchzulesen werden dafür jetzt mit einer einzigartigen Karte belohnt.

So wenig kostet Reisen in den USA. Gekrümmt: Fluglinie, Gerade: Fernbus, Gestrichelt: Bahn
Wer will mich jetzt besuchen kommen?

Es sollte mich wundern, wenn ich nicht am Ende meines Praktikums noch genügend Geld für einen gediegenen Trip nach Kalifornien und Nevada übrig hab, vielleicht sogar nich nach Texas und Florida. Danke STA Travel, danke GotoBus, danke Megabus.  1 Punkt für Amerika

Übrigens, ich will hier ja nicht öffentlich große Töne spucken, aber vielleicht bekomme ich bei meiner finalen Rundfahrt durch die USA sogar heiß erwarteten Besuch aus Deutschland. Steht aber alles noch in den Sternen, würd mich unendlich freuen wenns klappt Fest steht auf jeden Fall, dass mich meine Eltern zu den deutschen Herbstferien in New York besuchen, das wird auch ein denkwürdiges Wochenende für mich.

to be continued...

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Dieser Beitrag hier bleibt lebendig, ich hab so viele Sachen noch gar nicht erwähnt. Zum Beispiel die berüchtigte Amerikanische Spießigkeit was Sex angeht, oder die Art und Weise wie sie hier das Raumklima beeinflussen oder ihre Einstellung gegenüber Schwarzen. Da werd ich überall noch was dazu schreiben, aber erst im Laufe der Zeit.

Wie sieht es jetzt unterm Strich aus, wird Zeit Punkte zu zählen...

vs             

     8           :           9

 

Der Pokal geht also knapp an Amerika, wer hätte das gedacht? Aber mal abwarten, was da noch so kommt. Hoffe ihr habt den Beitrag genossen...