Berichte von 10/2015

Weisheiten

Dienstag, 20.10.2015

Sooo... man hat schon länger nichts mehr von mir gehört, aber keine Sorge. Mir geht es nach wie vor gut und ich bin fleissig am Fotos machen. Der nächste Beitrag wird ziemlich fotolastig, versprochen. In diesem hier geht es aber nicht über Amerika, sondern hier will ich mal ein paar meiner Überzeugungen und Lebensweisheiten teilen, die ich so im Laufe der Zeit angesammelt hab. Na gut, ein spezielles Foto will ich euch mal nicht vorenthalten... ich bin hier nämlich endlich auch als Lebensmittelexperte hier angekommen laughing

Und wurde mittlerweile ordentlich eingeführt in die Welt der Instantnudeln, Mac&Cheese Fertigpackungen, Twinkies und Brownies, hier ein Beweisfoto:

 

 

Aber zurück zum eigentlichen Thema: Fortschritt. Ich hab mir mal die 8 Punkte rausgesucht, die meiner Ansicht nach für stetigen Fortschritt am wichtigsten sind.  Für mich selbst hätte Ich niemals die Ausdauer, das alles aufzuschreiben (vgl Punkt 6) aber wenn ich weiß, das das jemand liest, dann gibt mir das doch den Kick alles in eine angenehm lesbare Form zu bringen. Los geht's!

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1.) Ziele

Wer von euch kennt Tim Gabel? Wahrscheinlich keiner, warum solltet ihr auch. Tim Gabel ist ein 20 jähriger Bodybuilder (im Internet findet man auch von seinem Body Bilder), der durch Youtube mittlerweile deutschlandweit eine gewisse Bekanntheit hat. Auf seinem Kanal veröffentlicht er des öfteren Trainingsvideos in denen er mit Gewichten herumprotzt und eine große Fresse hat. Eigentlich niemand, den ich zu meinen großen Vorbildern zählen würde. Dennoch hat er vor kurzem einen Satz gesagt, der mir einen großen Ruck gegeben hat:

"Und ich sags euch auch ganz ehrlich Leute, ihr braucht nen Plan. Wer nicht weiß, was er macht, der gurkt nur rum im Leben."

Schon witzig, da labert er ganze 6:65 nur Müll, zum Beispiel dass man jedes Mädel kriegt was man nur will, wenn man nur genug Arbeit reinsteckt*, und dann trifft er es in den letzten 15 Sekunden auf den Punkt. Dieses Mindset steht offentsichtlich hinter seinem Erfolg. Ihr habt diesen Satz in ähnlicher Form schon 100 mal gehört? Ich auch, aber erst in dem Moment hab ich ihn wirklich verstanden. Weil er aus dem Mund von jemand kam, der diesen Satz lebt.

Tim hat schon als junger Teenager angefangen zu trainieren, ist heute Bodybuilder und kriegt offentlsichtlich auch sein sonstiges Leben ziemlich gut auf die Reihe. Er hat ein top Abitur, tausende von Fans und jeder bewundert ihn oder hasst ihn aus Neid. Respekt.

Es geht nämlich nicht nur darum, zu wissen was man will. Es geht auch darum, zu wissen warum man das tut, was man gerade tut. Worauf man unbewusst hinarbeitet. Warum studiere ich Lebensmitteltechnologie? Welches Ziel könnte ich damit anstreben? Warum will ich einen fitten Körper? Wohin soll das führen?

Einfach ist es nicht, sich über so was Gedanken zu machen... aber unbedingt notwendig. Ich bin schon immer ein eher spontaner Mensch, und absolut kein Planungsgenie. Aber es ist nicht gerade zielführend, diese Eigenschaft einfach so hinzunehmen. Das, meine lieben Leser, ist was ich unter Persönlichkeitsentwicklung versteh. Dass man an sich arbeitet, um ein größeres Ziel zu erreichen.

Hätte ich mich nicht schon im dritten Semester über die Möglichkeiten eines Auslandspraktikums im fünften Semester informiert, hätte ich das sicher nicht durchgezogen... schon gar nicht von einem Stipendium finanziert an meiner Traumuni. Das ist eins der Beispiele in meinem Leben, wo ich ein klares Ziel vor Augen hatte, und den steinigen Weg dahin auf mich genommen hab.
Also, ich kann es. Jeder kann es. Man muss sich nur Zeit und Energie nehmen, über die Zukunft nachzudenken. Und das ganze am besten aufzuschreiben oder jemand anderem erzählen.

Allerdings sollte man auch nicht zu viel Zeit in der Zukunft verbringen. Das ist jetzt wirklich nichts, wovor ich Angst haben müsste laughing Aber ich bin mir der Gefahr schon bewusst... je mehr man im Kopf in der Zukunft ist, desto mehr verpasst man was gerade passiert. Und je mehr man plant, desto weniger flexibel ist man, wenn sich auf einmal eine Riesen Möglichkeit auftut. Das hab ich schonmal schmerzhaft zu spüren bekommen (Sprachkunst), und seit dem weiß ich: man muss auch mutig genug sein, Pläne im Fall des Falles übern Haufen zu werfen. Nicht gerade einfach.

* Meiner Meinung muss man eher was anderes reinstecken, aber auf keinen Fall zu viel Arbeit, das schreckt nämlich in der Regel ab. Oweh jetzt kling ich schon wie eine noch assozialere Version von Tim Gabel. Ne, mal ernsthaft... man kann niemals jede haben, und das ist auch gut so. Manche Menschen passen einfach nicht zusammen, egal wie sehr einer von den beiden sich das erträumt. Im Endeffekt schützen einen Abweisungen vor falschen Entscheidungen, das ist mir auch erst vor kurzem klar geworden.

2.) Wissen sammeln und Kontakte nutzen

Wenn ich mir für jede Situation, in der ich in den letzten zwei Wochen gedacht hab "Hättst dich mal lieber vorher gscheid informiert" einen Finger abgeschnitten hätt... ich könnt wahrscheinlich grad noch so mit einer Hand vor mich hin tippen. Es passiert mir oft, verdammt oft.

Beispiel gefällig? Die christliche Gemeinde in State College veranstaltet jedes Semester ein Erlebniswochenende im Hinterland von Pennsylvania. Auch wenn ich mit Religion ungefähr gar nichts am Hut habe kommt mir das eigentlich ganz gut in die Quere, auf fremde Kosten umherreisen und mit Essen versorgt werden ist nie verkehrt laughing Also los, meldst dich halt an, dacht ich mir. Bis ich die Deadline zur Anmeldung sah. Montag der 19te. Gestern.

Verdammt!!! Oskar, hättst... ihr wisst schon. Dumm gelaufen, soviel steht fest. Aber war es wirklich ein Fehler mich vorher nicht zu informieren? War es etwas, aus dem ich lernen kann?

Gar nicht so leicht zu beantworten. Einerseits ja, ich hätt mich ja auch an dem selben Tag anmelden können, an dem ich von dem Ausflug erfahren hab, vorgestern. Die Zeit hatte ich locker, und dass irgendwann eine Deadline zu erwarten ist, sollte mich eigentlich auch nicht überraschen. Andererseits kann man sich aber auch nicht über jeden Scheiss informieren. Im Zeitalter der Globalisierung und des Internets ist potentiell nützliche Information nunmal nahezu unendlich vorhanden, da muss man Prioriäten setzen. Und das kostet einen dann halt auch mal den ein oder anderen Batzen nützliche Informationen, die man falsch eingeschätzt hat oder von deren Existenz man gar nichts gewusst hat.

Was genau mein ich also, wenn ich sag, dass ich mir in der Zukunft gezielter Wissen aneigenen sollte. Um es kurz zu machen, mir geht es nur um Wissen, was einen sicher oder mit hoher Wahrscheinlichkeit näher zu seinem Ziel bringt. Und da schliesst sich der Kreis mit dem ersten Punkt.

Es nutzt nichts, wenn man weiß was man will, wenn man nicht weiß, wie man effektiv da hin kommt. Ich will einen gut trainierten Körper? Also führt kein Weg daran vorbei, mich zumindest grundlegend über diverse Fitnessübungen, Muskelaufbau und Ernährung zu informieren. Wie auch immer, für mich haben sich vorallem diese drei Quellen bewährt:

a.) Internet

Jo, Gott sei Dank leben wir im 21. Jahrhundert, wo einem das geballte Wissen dieser Welt direkt auf den Schreibtisch geliefert wird. Wilkommen in der Welt von Google, Youtube und Wikipedia.
Wissen ansammeln übers Internet hat sich bei mir auf jeden Fall bewährt. Die größte Gefahr dabei seh ich allerdings in der Ablenkung, die hinter jedem Link lauert. Schon mehr als einmal hab ich deshalb mein WLAN ausgeschaltet, um mich wirklich auf eine Seite zu konzentrieren. Echte Fans müssen das übrigens auch bei meinem Blog machen laughing

b.) Bücher oder Filme

Der große Vorteil von Büchern ist, dass sie darauf angelegt sind, dass man sie ganz durchliest. Im Gegensatz zu Internetartikeln sind sie nicht darauf aus, deine Aufmerksamkeit zu gewinnen und dich von irgend etwas anderem abzulenken. Wenn man sich wirklich intensiv mit einem Thema befassen will, führt meiner Erfahrung nach kein Weg über gedruckte Bücher vorbei. Allein schon deshalb, weil deren Existenz viel besser in meinem Kopf hängen bleibt, als ein Artikel im Internet. In meinem Schrank füllen meine 30 Bücher circa ein Regal. Wenn ich dagegen alle Texte ausdrucken würde, die ich im Laufe der Zeit schon im Internet gelesen hätte, würden 10 Schränke vermutlich nicht genug sein. Bücher sind komprimiertes Hintergrundwissen, und damit unschätzbar wertvoll.

c.) Kontakte

 

Jeder Mensch könnte irgendwas an deinem Leben verbesern, jeder Mensch könnte dich glücklicher machen. Glaubt ihr da dran? Ich schon, meiner Ansicht nach macht das absolut Sinn. Selbst der schrägste Zockervollnerd, der mit 30 noch bei Mama wohnt, kennt sich bei irgendwas besser aus als du. Vielleicht kann er eine Sprache, die du nicht kannst. Vielleicht ist er voll gut im Gras anbauen oder im Lagerfeuer machen. Wie auch immer, wenn du einfühlsam mit ihm redest und ihm die richtigen Fragen stellst, wird er diese "Geheimnisse" immer mit dir teilen.
Meine Liste an Facebookfreunden ist mittlerweile geschätzt über 500, aber von wie vielen hab ich wirklich was gelernt? Und wessen Leben hab ich wirklich bereichert? Die Möglichkeiten sind unendlich, alles was man tun muss um sie zu nutzen, ist sich zu trauen nachzufragen. Und Geduld mit der Antwort zu haben. Und öfter mal bereit sein, Wissen zu teilen. Meistens ist das gar nicht mal unbedingt nötig, aber mir persönlich gibt es immer ein gutes Gefühl, jemandem etwas beigebracht zu haben.

 

Ungeignet sind dagegen alle Medien, die einem Wissen mehr oder weniger zufällig vor die Füße klatschen. Beispielsweise Fernsehen, Zeitschriften oder gewisse Leute in meinem Semester. Oder zielloses Herumgammeln in den Weiten des world wide web. Ja, bekenne mich 100fach schuldig. Klar, ein Leben ohne all das wäre ja auch ziemlich angespannt. Aber man sollte sich nicht einbilden, man informiert sich dabei über irgendwas. Man wird vielmehr informiert, und zwar so, wie es den Persönlichkeiten, die hinter der Medienindustrie die Fäden ziehen, gerade passt.

Also um alles zusammenzufassen, je mehr man sich gezielt mit Wissen bereichert, desto besser. Wenn es Spaß macht, nochmal beser.

3.) Zeit realischtisch betrachten

Normalerweise lernt man ja aus Fehlern. Steigt man im Bus zwei Stationen zu spät aus, schaut man das nächste Mal besser auf den Fahrplan. Verschläft man, stellt man sich das nächste Mal einen Wecker. Kann man das leckere dominikanische Streetfood nicht kaufen, weil man kein Bargeld hat, hält man sich ab jetzt einen Vorrat im Geldbeutel. Und so weiter und so fort, da hat jeder gleich 100 Beispiele parat.

Und ist der Morgen stressig, weil man in letzter Sekunde noch seine kaputten Schuhbändel austauschen und die Wäsche in die Maschine stopfen muss, plant man das nächste Mal einfach mehr Zeit ein. Und wenn man bei der letzten Prüfung allen relevanten Lernstoff am Tag davor in einem 12h Marathon, unterbrochen nur von Raucherpausen und Toilettengängen reingewürgt hat, weil man die Tage davor immer nur eine Stunde gelernt hat, teilt man sich die Zeit das nächste Mal halt besser ein.

Wirklich? Eigentlich passiert mir das immer wieder. Um ehrlich zu sein. Und mittlerweile hab ich mich damit abgefunden... es wird mir auch immer wieder passieren. Ich lern einfach kaum aus diesen Fehlern. Ich werd meine Zeit immer zu locker einschätzen, so wie 99% von euch bestimmt auch. Vielleicht bin ich ein besonders schwerer Fall, aber alleine bin ich mit dem Problem auf keinen Fall.

Meinen ersten Verdacht, dass diese "Fehler" etwas besonderes sind, hatte ich schon als Schüler. Wie jeder Bengel im Alter von 14-18 Jahren quetschte ich meine Hausaufgaben mindestens einmal pro Woche in letzter Sekunde aufs Papier. Während der Pause, während dem Kunstunterricht, manchmal sogar während der Stunde selbst. Und schon damals wunderte ich mich, dass sich mein Verhalten was das angeht im Laufe der Zeit kaum verbesserte. Klar, irgendwann hatte ich einen Terminkalender, und irgendwann hatte ich auch die Disziplin mich abends nochmal an meinen Stoff zu setzen. Aber es kam trotzdem immer wieder vor. Regelmässig, und trotzdem irgendwie jedes Mal... überraschend.

Tja, es war wohl so wie mein legendärer Zimmernachbar Stefano mir mal sagte, als ich ihn drauf angesprochen hab dass er immer Essensreste in der Küche liegen lässt:

"Look, theres is one fucking problem in my life which I cannot solve: I'm always to short in time"

Yess, ich war damit nicht alleine. Problem erkannt. Problem gelöst? Auch heute noch nicht, aber einen guten Ansatz hab ich in einem der wenigen genialen Sachbücher von Rolf Dobelli (einem meiner Lieblingsautoren generell) gelesen. Man muss einfach bewusst seine Deadline nach hinten setzen. Sich also quasi selber verarschen.

Wenn man denkt: Ich kann dieses wissenschaftliche Datenblatt bis übermorgen auf Zahlendreher überprüfen, sagt man lieber, ich mach das bis über über morgen. Dafür wird man immer Verständis finden, und wenn man es dann doch übermorgen abgibt, überrascht man sich selber oder jemand anderen obendrein noch positiv und kann sich auf die Schulter klopfen. Wenn man sich dagegen eine in dem Moment realistische (=zu optimistische) frühere Deadline setzt, und diese, aus welchem Grund auch immer, verpasst, ist die Enttäuschung unausweichlich.

So mogel ich mich aktuell mit meiner Zeit Behinderung durchs Leben, kann ich euch nur empfehlen. Kommen wir zum nächsten Punkt.

 

4.) Sofort handeln

Ich glaub, jeder Mensch auf der Erde hat sich schonmal vorgenommen, ab jetzt konsequenter zu handeln und weniger zu zögern. Na los. Do it now. Do it. Jetzt. Schieb die Scheisse nicht immer vor dich her.

Was für Sachen ich damit mein?

Den Visa Antrag, von dem du keine Ahnung hast wie du ihn stellen sollst. Die Vorbereitung auf die Prüfung, die du trotz Abwesenheit in jeder einzelnen Vorlesung bestehen musst. Den Anruf bei Warenhaus xy um herauszufinden, was mit deinem Geld passiert ist. Das Gespräch mit seinem Professor, weil er einen schwerwiegenden Fehler gemacht hat. Oder sonst irgend eine Herausforderung, die unangenehm oder neu ist. Und die Überwindung kostet.

Tja, man muss es halt einfach angehen. Jedes Mal, wenn man an eine dieser Sachen denkt, ohne entsprechend zu handeln, hat man Lebenszeit verloren. Und da kommt bei manchen Angelegenheiten eine Menge Lebenszeit zusammen... also bleiben nur drei Alternativen mit so etwas umzugehen. Sofort handeln, im Terminkalender verankern oder bedingungslos aus dem Kopf streichen.

Das ist nicht einfach, aber erfolgreich. Ich weiß gar nicht mehr, mit wem ich mich über das Thema unterhalten hab damals, aber seit ich dieses "Schema" auf alle möglichen Aufgaben anwende, hab ich den Kopf um einiges klarer.

Man sollte sich halt bewusst sein, dass man nicht immer alles sofort erledigen kann. Manchmal, weil es praktisch nicht geht, manchmal aber auch, weil man gerade die Energie dafür nicht hat. Aber die Energie für einen Eintrag im Terminkalender hat man immer, soviel steht fest smile

Also, was den Punkt angeht bin ich zur Zeit ziemlich zufrieden... allerdings ist das keine groß überraschende Wahrheit. Im Gegensatz dazu ist der nächste Punkt den meisten Menschen nicht so klar.

5.) Mit Ausdauer Ziele verfolgen

Tja, leicht gesagt, schwer getan.

Und das gilt besonders für mich. Dieser Blog hier ist das beste Beispiel. Am Anfang dachte ich echt, ich klotze hier jede Woche einen mega Beitrag hin. Naja, nicht ganz, aus Erfahrung wusste ich schon, dass es mit der Zeit eher kürzere Beiträge werden. Aber dass ich mich einfach mal ein Monat gar nicht melde? Ausgeschlossen. Ich zitiere aus dem Startpost:

Mein Vorsatz ist hier mindestens ein Eintrag pro Woche reinzuschreiben, steinigt mich nicht wenn ich mal länger brauch oder Kurzeinträge hinspucke.

Warte, wann hab ich meinen letzten Beitrag gekickt? xx. September. Und heute ist der? 20. Oktober. Ooops, und schon ist es passiert. Ein guter Vorsatz ist auf der Strecke geblieben, und das trotz vielversprechendem Anfang. Genauso lief es zum Beispiel mit den Vorbereitungen auf das Work&Travel Jahr nach dem Abitur... ich hab es damals nicht geschafft, einer der größten Fails meines Lebens.

Wieso, weshalb, warum... auf diese Frage finden so wie ich das beobachte die meisten Menschen nie eine Antwort. Warum hat man immer große Ziele und ausschweifende Pläne und gibt dann auf halber Strecke auf? Man will unbedingt eine Sprache wie Spanisch lernen und übersetzt jeden Tag eine ganze Buchseite, nur um nach drei Monaten festzustellen, dass der letzte Satz den man in Spanisch geschrieben hat schon länger her ist, als das letzte Mal Bettwäsche wechseln.

Das Problem ist, dass wir alle, und damit mein ich wirklich alle alle, ständig dem gleichen Fehler aufsitzen: Wir begeistern uns für irgend etwas und überschätzen dabei wie willensstark wir wirklich sind. Kaum lässt die Begeisterung nach, sind wir schlagartig unmotiviert und verdrängen oder vergessen was wir uns vorgenommen haben.

Wie kann man dagegen vorgehen? Die Standardantwort, die ich damals auch im P Seminar des Gymnasiums bekommen hab ist: Mach dir halt nen guten realistischen Plan mit festem Zeitrahmen und schon ist das Problem gegessen

Klingt gut, oder? Ja, aber es löst unser Kernproblem halt mal überhaupt nicht. Irgendwelche Pläne machen ist einfach, sie zu verfolgen ist aber verdammt schwer. Der springende Punkt ist das Wort "realistisch". Nur, wie sollen wir denn realistische Pläne machen, wenn wir kollektiv unfähig sind unsere zukünfte Motivation und Willensstärke sowie unser Zeitmanagement (vgl. Punkt 3) einzuschätzen.

Gott sei Dank bin ich vor kurzem auf den einzigen Menschen auf der Erde gestossen, der mir bisher eine gute Richtlinie dafür geben konnte, wie man langfristige Ziele erreicht. Ich kenn ihn persönlich kaum, im Laufe meines Studiums bin ich ihm nur einmal flüchtig begegnet, und ich weiß auch nicht wo in München seine legendäre Kampfsportschule steht. Aber seine Worte haben für mich schon öfter Gewicht gehabt. Die Rede ist von dem Blogger Nicholas Drillman.

Im speziellen dieser Artikel: http://www.nicholasdrillman.com/radical-effort-vs-incremental-change/

Sorry dass ich euch hier nur einen englischen Artikel unter die Nase halten kann, ich glaub dieser Nicholas Drillman will auf die Art auch seine zahlreichen internationalen Fans an seinen Weisheiten teilhaben lassen. Gar nicht mal ironisch gemeint, wette der hat ne Menge Fans im Ausland. Ich bin aber dann mal so frei und übersetz den wichtigsten Teil und fass euch die Kernbotschaft auf deutsch zusammen:

Am Anfang erzählt er, wie er oft beobachten konnte, dass Leute sich etwas vornehmen und sich voll in irgendein Vorhaben (wie z.B. den Körper trainieren) hereinstürzen, und sich dabei gut fühlen - nur um einige Wochen später dann enttäuscht aufzugeben, weil der gewünschte Erfolg doch nicht so schnell eintritt und man immer noch im wesentlichen so aussieht wie am Anfang. Wer kennt das nicht. Um aus diesem Kreis auszubrechen stellt er drei Auswege vor:

This is based on the idea of reversing all critical elements of the cycle of radical effort.

  1. Instead of putting ALL your energy and effort into a passion (Radical Effort), you identify the absolute minimum requirement for progress and stick with that (Incremental Change)
    Anstatt alle Energie und Mühen in deine neue Leidenschaft zu stellen, findest du besser heraus was der absolute Mindestaufwand für Fortschritt ist, und bleibst erstmal dabei.

  2. Instead of shooting for success within a short time frame (Radical Effort), you assume that sustainable progress with complex tasks can only be achieved over time (Incremental Change);
    Anstatt in einem kurzen Zeitraum nach Erfolg zu streben, machst du dir klar dass so ein komplexes Ziel nur über einen langen Zeitraum hinweg erreicht werden kann.

  3. Instead of hyping yourself up psychologically (Radical Effort), you make a very conscious effort to stay grounded, to not burnout in a short amount of time (Incremental Change).
    Anstatt sich voll für das Thema zu begeistern, bemühst du dich lieber bewusst auf dem Boden zu bleiben und nicht nach kurzer Zeit einen Burnout zu kriegen.

Das klingt doch mal vernünftig. Später malt er das am Beispiel Fitness noch mal genauer aus:

Auf der einen Seite erzählt er von dem unvernünftigen Typ (also von mir :D), der sich alle 6-12 Montate in irgend ein Fitnessprogramm vornimmt und sich dann voll reinsteigert, nur um nach ein, zwei, drei Monaten ausgepowert aufzugeben. Beziehungsweise es hinter anderen Dingen im Leben hinten anzustellen.

Auf der anderen Seite erzählt er von dem vernünftigen Typ, der zehn Jahre lang jeden Tag einen Set Pull Ups macht. (seine Lieblingsübung, bei mir wären das Klimmzüge) Auch wenn er müde, beschäftigt oder unmotiviert ist, ein Set macht er immer. Wenn er gerade Lust hat auch mehr, aber vor den Pull Ups drückt er sich nie. Am Ende hat er einen heftigen Oberkörper und jeder feiert ihn.

Ich kann noch nicht sagen, ob diese "Minimalstrategie" wirklich erfolgreich ist, da ich meine Pläne bisher im Leben eigentlich noch nie wirklich so angegangen bin... aber klingt schon sehr schlüssig. Zur Zeit versuch ich alles, was ich so an großen Langzeitzielen vorhab, auf kleine tägliche oder wöchentliche Mini Häppchen herunterzubrechen.

Zum Beispiel:

-> Leute in Amerika kennen lernen: Jeden Tag mindestens einen.
-> Trainieren: Jeden Tag mindestens 3x5 Klimmzüge und 3x5 Dips
-> Ernährung: Jeden Tag mindestens ein proteinreiches LM, notfalls Eiweissshake
-> Datasheet meiner Studie prüfen: Jeden Wochentag mindestens 20min
-> Blog schreiben: Jedes Wochenende mindestens einen Absatz

Tatsache ist, fast alle Langzeitziele lassen sich gut kleinhacken. Und alles was man auch in kurzer Zeit erledigen kann (z.B einen Song schreiben oder das Zimmer putzen) muss man halt im Rausch der Begeisterung erledigen. War nur Spaß mit dem Zimmer putzen, das passt hier natürlich nicht rein, hat ja mit dem Thema Fortschritt nix zu tun. wink

Ich werd in meinem letzten Punkt nochmal ein bisschen hier drauf eingehen.

So bleiben nurnoch drei Erkenntnisse, bei dem nächsten Thema bin ich mal auf Reaktionen gespannt

6. Andere Leute einbeziehen

Na endlich! Ich hab heute schon einmal auf Punkt 6 verwiesen, erinnert ihr euch noch? Ganz am Anfang, ich fisch euch den Satz nochmal her:

Für mich selbst hätte Ich niemals die Ausdauer, das alles aufzuschreiben (vgl Punkt 6) aber wenn ich weiß, das das jemand liest...

Natürlich wusste ich zu dem Zeitpunkt schon, worauf das hier alles hinausläuft, aber dass die folgende Weisheit nichts neues für mich ist, hat man auch früher im Blog schon gesehen. Ich zitiere mich nochmal frech selber aus dem Startpost:

Natürlich schreibe ich nicht für mich alleine, da würde mir schnell die Motivation ausgehen. Ich hab noch nie ein Tagebuch länger als ein Monat durchgehalten, und selbst wenn ich es täte würd ich wahrscheinlich bald in einen sehr langweiligen Schreibstil verfallen so dass ich es mir niemals nochmal anschaue.

Es ist echt schwer einzuschätzen, ob ich mit meiner Einstellung die Ausnahme oder der Regelfall bin, aber ich profitiere extrem davon, wenn ich mit anderen Leuten über meine Ziele und Pläne rede und diese mit ihnen teile. Oder noch besser, wenn andere das Ziel gemeinsam mit mir verfolgen. Viele Leute reden nicht darüber, was sie wirklich wollen oder denken, weil sie Angst haben andere lehnen das ab oder interessieren sich nicht dafür. Dabei sind diese Ängste in der Regel ein komplettes Hirngespinst. Ernsthaft, selbst die krassesten und ungewöhnlichsten Ziele anderer Menschen faszinieren und inspirieren mich jedes Mal aufs Neue.* Ich kann mich an keine einzige Unterhaltung erinnern, in der ich mich gelangweilt hab weil sich jemand über seine Zukunftspläne ausbreitet. Kein Wunder wir reden hier ja von der verdammten Zukunft, was kann denn bitte spannender sein als das, wovon wir noch nichts wissen?

* Zum Beispiel hat mir mal ein Bro aus Freising von seinem Plan erzählt, es sich nurnoch einmal im Monat selber zu machen. Ich kann scho verstehen, dass es eine Menge spiessiger Deutscher gibt, die sich bei so einem Thema beschämt wegdrehen, ich fands damals aber sehr spannend. Er hat es übrigens nichtmal ansatzweise geschafft, haha.

Wie auch immer, es hilft mir bei allen Vorhaben, wenn ich auf die ein oder andere Weise Leute mit einbeziehe, und diese mir Rückmeldung und Bestätigung geben. Aber ist es nicht ein Zeichen von Schwäche, wenn man Bestätigung von anderen braucht um zufrieden und motiviert zu sein? Mag sein, dann bin ich halt noch nicht stark genug, aber ich brauch definitiv Bestätigung von anderen. Ich brauch Leute, die mir sagen, dass mein Tutorium in Physik voll toll ist, um mich dafür zu motivieren. Ich brauch Leute, die mir Komplimente über meinen Körper machen, um mich zu motivieren meine Form zu halten. Aber eigentlich wollte ich auf etwas anderes heraus, kommen wir endlich mal auf den Punkt:

Sobald man sein Ziel mit jemandem teilt, hat es eine gewisse Verbindlichkeit. Das gilt zumindest für mich, ich steh ungern vor anderen Leuten als jemand da, der nicht zielstrebig ist. Und das klappt, wie man an einem aktuellen Beispiel gut beobachten kann.

Vor etwas mehr als zwei Monaten fasste ich zusammen mit meiner Freundin einen Entschluss: Wir wollten mehr Sport machen. So mit dem Hintergedanken, dass wir später dann voll des heiße Pärchen abgeben. So krass hot, dass die ganzen Leute am Flughafen dann mit offenem Mund uns angaffen und das sabbern anfangen. Zack, so stand das im Raum. Ein Ziel hatten wir, Motivation hatten wir... das einzige was noch gefehlt hat war ein gutes Rezept um an der Sache dranzubleiben.

Also musste eine neue Whatsappgruppe her. Wir vereinbarten eine einfache Spielregel... wer an einem Tag bis zu einer Stunde Sport macht, darf sich einen Punkt gutschreiben, wer bis zu zwei Stunden Sport macht zwei Punkte und so weiter. Wer nach sechs Monaten die meisten Punkte hat, muss dem anderen eine Reise in die Alpen klarmachen.

Das Ganze hat sich mittlerweile zu einem scharfen Kopf an Kopf Rennen um die meisten Punkte entwickelt, zur Zeit steht es 36:33 oder so. Und bisher klappt es prima, ich hab in meinem Leben noch nicht so viel trainiert wie seit dem Beginn dieser Challenge. Und das alles nur, weil meine Freundin mir ordentlich Gegenwehr bietet, an dieser Stelle nochmal einen öffentlichen Applaus smile

Klar, ich sag es zum dritten Mal... nicht jeder ist so highscoregeil* wie ich und muss gleich alles mit anderen Leuten teilen. Aber falls ihr auch so extrovertiert drauf seit, ist es ein schöner Motivationsbonus den man nicht unterschätzen sollte.

* Was auch erklärt wieso ich ein großteil meiner Jugend damit verbracht hab, strategische Onlinespiele zu zocken... ich war einfach highscoregeil. Ernsthaft, mich hat es schon immer fasziniert auf irgend einer Liste oben zu stehen. Wieso? Keine Ahnung, bin halt komisch.

 

7. Schwächen akzeptieren

Alors, kommen wir zu einem sehr exklusiven Punkt. Fast alles was ich hier in diesem Blogbeitrag so schreibe ist schonmal irgendwo irgendwie gesagt worden, und kommt euch unter Umständen schon bekannt vor.
Kein Wunder, es gibt ja auch hunderte von Thesen über so ein komplexes und widersprüchliches Thema wie Entwicklung und Fortschritt, und ich hab hier nur die acht hingeschrieben die mir zuerst in den Kopf gekommen sind und die sich auch 100% mit meiner Lebenserfahrung decken. Da ist es keine Überraschung, dass der ein oder andere Hobbyphilosoph gleich die selbe Meinung vertritt wie ich. Der folgende Punkt allerdings ist mir noch nie von jemand anderem unabhängig von mir unter die Nase gehalten worden. Dabei halt ich ihn für einen der wichtigsten überhaupt.

Fette Einleitung, worum gehts eigentlich. Es geht darum, wie man damit umgeht, wenn man seine Abmachungen mit sich selber nicht halten kann. Zum Beispiel einen von den zwei folgenden Vorsätze:

Stellt euch vor, ihr seid Gelegenheitsraucher und wollt jetzt komplett mit dem Rauchen aufhören. Oder, ihr seid zu dick und wollt ne Diät machen und keine Schokolade mehr essen. Ihr seid wild entschlossen es diesmal wirklich durchzuziehen und verbannt alle Zigaretten/Süßigkeiten aus dem Haus. Alles läuft wie geschmiert, ihr seid Stolz auf euch selbst und auf euren Lebenswandel.

Dann passiert es. Nach vier Wochen. Nachts, betrunken, müde, nachdem euch euer Partner verlassen hat. Oder einfach so, aus mangelnder Willenskraft. Diese eine Zigarette / diese eine Tafel Schokolade. Oh nein, warum nur? Gierig wie ihr in dem Moment wart, habt ihr gleich noch einen drauf gesetzt und noch eine geraucht / noch eine Tafel in euren fetten Bauch reingeschoben. Und euer ganzer Plan liegt in Scherben, man ist das Schicksal gemein, alles war umsonst.

Wirklich? Das Schicksal? Seid ihr nicht Herrscher über eure eigenen Handlungen, inklusive der Fehltritte? Stellt euch mal vor zwei Jahre später fragt euch ein Freund, was denn aus den Vorsätzen von damals geworden ist. Was klingt besser?

a.) Ich hab das mit dem Nichtrauchen / abnehmen ja versucht, aber nach vier Wochen konnte ich einfach nicht mehr und hab wieder angefangen.

b.) Ich bin seit zwei Jahren Nichtraucher / am Diät machen, ich hatte im ersten Jahr noch vier Rückfälle und im zweiten Jahr noch zwei, aber es lässt sich gut damit leben.

Gleicher Vorfall, unterschiedliche Reaktion, und ein komplett gegensätzliches Ergebnis. Der einzige Unterschied ist eigentlich, dass die erste Person das "Projekt Enthaltsamkeit" gleich als gescheitert ansieht, während die zweite Person den Vorfall als unausweichlichen Fehltritt interpretiert, und trotzdem weitermacht. Und das ist, in meinen Augen, klare Gewinnermentalität.

Traurig ist, wie oft ich den Satz mit dem "aber ich konnte einfach nicht mehr" in meinem Leben schon von anderen Leuten gehört hab. Und auch schon ein paar Mal von mir selber.
Am häufigsten im Zusammenhang mit den beiden oben genannten Enthaltsamkeits Beispielen. Als würden diese ein, zwei Zigaretten gleich das Aus bedeuten. Es ist nunmal schwer eine Sucht oder Gewohnheit zu überkommen, da muss man mit Rückschlägen umgehen können, und sie nicht als wilkommene Ausrede ausnutzen.

Das Ganze gilt natürlich auch für alle anderen Bereiche. Ich hab zwei Wochen nicht trainiert und mein Vorsatz schleifen lassen? Kein Grund nicht jetzt sofort wieder anzufangen. Ich hab ein Monat lang nichts in den Blog geschrieben? Egal, die Vergangenheit kann man eh nicht ändern, also wirds Zeit für den nächsten dicken Brocken. 

Und was, wenn ich auch noch einen "guten Grund" hatte? Ich hab geraucht, weil das hübsche Mädel vor dem Club mir so lieb eine Zigarette angeboten hat? Ich hab nicht trainiert, weil ich bis drei Uhr nachts mit meinen Freunden herumgegammelt hab und todmüde bin?

Um so besser, dann muss man nichtmal ein schlechtes Gewissen haben. In solchen Situationen hat man schlicht und einfach sein Leben gelebt. Und wenn man das dann unterdrückt tut man sich selber auch keinen Gefallen, meine Überzeugung. Ich nenne solche Tage Erntetage. Und es gibt davon viele in meinem Studentenleben, und das ist auch okay so. An diesen Tagen werden schliesslich die schönsten Geschichten geschrieben. Wichtig ist nur, dass man sich am Tag danach einen Ruck gibt, und wieder zu seinen festen Vorsätzen zurückkommt. Und das ist der entscheidende Punkt, meine Freunde.

8. Meinungsänderungen zulassen

So, ich würde allen Lesern empfehlen erstmal eine kurze Pause zu machen. Der letzte Punkt wird nämlich der geistig herausfordernste von allen. Es ist kein Zufall, dass ich ihn ans Ende gestellt hab. Also hier mal zwei hübsche Fotos zur Entspannung:

 Echt schön, dieser Herbst hier smile Und das seh ich auch noch jeden Tag auf meinem Weg zur Uni, cool, oder? Schaut mal wie sich die erste Landschaft mittlerweile verändert hat:

Alles innerhalb von einer Woche... schade nur dass der Himmel mittlerweile ganz anders aussieht. Aber genug geschmachtet, kommen wir zum letzten Punkt.

Apropos schöner Herbst, das ist doch keine schlechte Einleitung. Ich bin überzeugt, die Bäume in Pennsylvania sehen im Herbst schöner aus als in Deutschland. Wieso? Na ist doch klar, jeder hat gesagt hier wird es voll bunt und scheckig und kaum bin ich hier, seh ich auch lauter bunte Bäume. Also muss es so sein. Dachte ich, bis ich in der christlichen Gemeinde State College auf einen jungen Amerikaner getroffen bin, der mir von den Herbstfarben in Deutschland vorschwärmte. Dass es bei uns ja so schöne Bäume gäb, und im Vergleich dazu ist hier alles so braun und monoton. Wie gerne er im Herbst mal nach Deutschland fliegen würde...

Wer hat jetzt also Recht. Ich? Er? Um das herauszufinden, müsste man anfangen Bäume zu zählen oder Fotos zu vergleichen. Aber Achtung, nicht solche Highlight Fotos wie von mir oben, sondern ganz zufällig geschossene Fotos, die eigentlich etwas anderes im Fokus haben. Und die nicht darauf abzielen, mit den schönsten Bäumen des Landes anzugeben.

So und jetzt stellt euch mal vor, es kommt folgendes Ergebnis raus. In Deutschland sind am 21. Oktober im Schnitt 4 von 10 Bäumen farbig und in Pennsylvania nur 3 von 10. Wie würdet ihr an meiner Stelle reagieren?

"Waaaaas? Das kann nicht sein, ihr Mistkäfer könnt doch alle nicht zählen, Unfug, ich muss es doch besser wissen. Kurz, ich glaube euch nicht."

Jo, genauso würde ich auch reagieren. Und selbst wenn sich die Zählung als fehlerfrei herausstellen sollte, würde ich mir das irgendwie noch so zurechtbiegen, dass ich meine Meinung nicht ändern muss. Dann sind halt die drei Bäume in Pennsylvania um einiges spektakulärer als die vier in Deutschland, oder die farbigen Bäume in Deutschland müssen sich wohl alle im Wald verstecken oder was auch immer, bla bla bla...

In dem Fall ist es scheißegal was ich glaube, weil es um nichts geht. Ich mein, dann soll dieser doofe Ami halt glauben, dass bei uns alles schöner ist, ich geniess auf jeden Fall meine Zeit hier. Problematisch wird es aber, wenn man an einen Glauben festhält, der falsch ist und der seinen Lebensweg massiv beeinflusst. Und jetzt kommt der Grund, weshalb dieser Punkt hier am Schluss steht.

Der gesamte Blogpost hier könnte als Beispiel dafür hergenommen werden.

 

Alles was ich hier schreibe, könnte auf lange Sicht falsch genug sein, um meinen Erfolg auf Dauer massiv abzubremsen. Wenn ich anders denken würde, wäre ich womöglich schon deutlich weiter. Womöglich auch nicht. Das Problem ist halt, ich kann mich nicht 100% auf meine Lebenserfahrung verlassen.
Ich muss nämlich verdammt aufpassen, wenn ich mir meine Thesen mit Beispielen belegen will. Weil ich, als typischer Mensch, einfach zu sehr davon überzeugt bin, dass das stimmt, was ich sage. 
Nehmen wir doch beispielsweise mal meine beziehungsweise Drillmans Theorie aus Punkt 5.) ,dass man lieber mit kleinen Schritten (Incremental Change) effektiver auf einen langfristigen Erfolg hinarbeitet als mit großen leidenschaftlichen Sprüngen. (Radical Effort)

Nehmen wir mal an, jemand glaubt an das Gegenteil, nämlich dass man alles mit möglichst viel Leidenschaft angehen sollte. Der würde dann sagen:

"So ein Käse, deine Theorie, schau dir doch mal Kay One an. Der hat Tag und Nacht an seinen Tracks geschrieben und sich voll da reingesteigert, heute ist er gerade deswegen ein deutschlandweit bekannter Rapper."

Tja, beweist das, dass ich unrecht hab? Nö, überhaupt nicht, ich kann das nämlich wieder interpretieren wie ich will. Schaut mal wieviel Kritikpunkte mir, als eingefleischtem Incremental Change Fan, an dem Beispiel aus dem Stegreif einfallen.

a.) Ein deutschlandweit bekannter Rapper zu werden ist vielleicht eine besondere Art von Ziel, eine Ausnahme (<- Achtung, gefährliches Wort)

b.) Ja, das ist schneller Erfolg, aber der wird mit seinem Radical Effort schnell auf die Schnauze fliegen und ausbrennen, wenn er nicht konsequent bei der Sache bleibt

c.) Wer sagt denn, dass er immer voller Leidenschaft und Energie an seine Tracks rangegangen sind. Blos weil die sich so anhören? Da steckt mit Sicherheit auch jahrelange Kleinarbeit dahinter.

d.) Schau dir doch mal Alligatoah, Lars Unlimited, Mach One, Eko Fresh etc. an, die hatten alle keinen raketenartigen Erfolg und sind heute troztdem bundesweit bekannte Rapper

Man könnte meinen, ich hab die Diskussion klar gewonnen und Recht behalten. Aber so einfach ist es leider nicht. Schauen wir meine Argumente mal genauer an.

Zu a.) kann man sagen, Ausnahmen gibt es bei einer allgemein gültigen Regel nicht. Das hätte dann zur logischen Folge, dass man nur dann zum Star werden kann, wenn man auf Incremental Change scheißt und sich richtig in seine Musik reinsteigert. Mit dem Gedanken könnte ich mich schnell anfreunden, ich müsste ihn dann allerdings weiter hinterfragen.

Bei b.) kann man nur abwarten, wenn es soweit kommen sollte wäre das ein klarer Punkt für meine Theorie, unter der Annahme, dass er davor wirklich mit Radical Effort an die Sache herangegangen ist.

Und  das ist eigentlich der springende Punkt, ich hab es in c.) ja schon bezweifelt. Mein ausgedachter Kontrahent hat hier eine mutige Annahme getroffen, dabei weiß keiner von uns, wie es hinter den Kulissen ablief. Stellt euch vor, Kay One hätte sich zum Ziel gesetzt in der Deutschrap Szene in kürzester Zeit ordentlich abzuräumen. Stellt euch vor wie besessen er von diesem Ziel war. Stellt euch vor, er hätte sich jeden Tag hingesetzt und Lines geschrieben, bis zum umfallen. Ist er jetzt ein typischer Vertreter von Radical Effort? Nicht unbedingt, so ein Verhalten ist nämlich durchaus mit meiner Theorie vereinbar. Er hat evtl auch nur das minimal nötige gemacht, das war halt in dem Fall verdammt viel pro Tag/Woche... was halt auch nötig war für sein hohes Ziel.

Schaut man sich d.) an, sieht man eigentlich nur die Spiegelung von dem Beispiel, was mir vor die Füße geworfen wurde. Klar seh ich mit meiner Weltsicht diese Rapper als typische Vertreter von Incremental Change an, und erkläre so ihren Erfolg. Mein Kontrahent wird allerdings kein Problem haben, diese als Vertreter seiner Theorie hinzustellen, auf die selbe Art, wie ich es mit Kay One eben gemacht hab.

 

Es gibt aus diesem Dilemma eigentlich nur einen Ausweg. Und der heisst, Entscheidungen treffen. Ich zum Beispiel muss mich einfach dazu entscheiden, an Incremental Change zu glauben, und zu schauen wie weit ich damit so komme. Mir hundert Jahre den Kopf zu zerbrechen, welcher von den beiden Ansätzen letztendlich zielführender ist, oder ob die Wahrheit irgendwo in der Mitte liegt, ist nichts als verschwendete Lebenszeit.*

Die Methode zu einer Entscheidung zu kommen ist eigentlich simpel. Ich denk mir, was würde ein Gegner meiner Ansicht so als Beispiel anführen. (notfalls muss ich einen realen "Gegner" fragen) Kann ich das irgendwie erklären? So wie oben? Dann kommt meine Ansicht nicht ins Wanken.
Kann ich es nicht wirklich erklären, ohne das Wort "Ausnahme" zu benutzen? Dann muss ich den mühsamen Gedankensprung machen mich in meinen Gegner hereinzuversetzen. Das ist alles andere als leicht, aber dafür ist unsere Vorstellungskraft ja da. Also los.
Okay, jetzt hab ich die entgegengesetzte Ansicht. Gleiches Spiel nochmal, kann ich jetzt mein eigenes bestes Beispiel leicht widerlegen? Nein? Dann haben wir wohl beide nicht 100% Recht. Vielleicht liegt das ja daran, dass wir beide ein unterschiedliches Phänomen betrachten. So wie ich das oben in Punkt a.) auch schon vermutet hab. Vielleicht sind unsere Theorien ja auch zwei Seiten der selben Medallie, so wie das oben bei Punkt c.) durchschimmert. Dann haben wir ja doch beide Recht, und betrachten das Problem nur aus einem unterschiedlichen Standpunkt. Das heisst ja alles nicht, dass man seine Sichtweise gleich radikal ändern muss, man muss nur der anderen Sichtweise jetzt auch eine Daseinsberechtigung zollen. Und sich Fragen, wo genau die Grenzen der eigenen Sichtweise sind.

Und was wenn es einem auf einmal leichter fällt? Wenn du tatsächlich auf einmal deinen Gegner besser verstehen kannst als dich selber? Dann sollte man, so schwer es einem fällt, die Meinung ändern. Und zwar ohne zögern, sofort. Ohne sich dafür zu schämen. Niemand will der Typ sein, der 2015 noch dran glaubt, dass sich die Sonne um die Erde dreht. Heute ist das unumstritten und bewiesen, damals hat es eine Menge Leute gebraucht, die genau den oben beschriebenen Prozess durchlaufen haben, bis es allgemeines Grundwissen war.
Zumindest stell ich mir das so vor. Wie jeder einzelne von den Wissenschaftlern sich damals nachts im Bett hin und hergewälzt hat, und sich gedacht hat: Verdammt, ich muss mein Weltbild ändern, ich kann das nicht länger ertragen dass ich Dinge nicht erklären kann. Hoffentlich wär ich damals keiner von den Idioten gewesen, die diese neue Idee krass abgestritten hätten.

*Außer man will deutschlandweit bekannter Philosoph werden, aber das ist wirklich nicht mein Ziel. Liebe Grüße an Emilie Reiter an dieser Stelle, die sich bestimmt über diesen Beitrag hier fett freut laughing

Übrigens überlebt auch keine der beliebten Verschwörungstheorien den oben beschriebenen Prozess. Wer ernsthaft daran glaubt, dass die Mondlandung ein Fake war oder 9/11 eine gezielte Sprengung, der steht für mich auf dem gleichen Level wie ein Schimpanse im Zoo. Aber das ist ein anderes Thema, wollts nur mal angerissen haben.

Hier soll es ja eher um diese schwer zu fassenden Leitsätzen gehen, nach denen ich handeln will, um im Leben Schritt für Schritt weiterzukommen. Der letzte Punkt ist etwas ausgeartet, ich hoffe trotzdem ihr habt euch alles durchgelesen und den Beitrag genossen.

Ich wette in zehn Jahren komm ich hier mit dem Rotstift und muss den ein oder anderen Punkt umschreiben. Wobei, vielleicht auch nicht, ich lass es euch auf jeden Fall wissen. Eine entspannte Woche wünsche ich euch allen,

euer Oskar